Zeitreise-Bericht einer 10. Klasse am CJD Droyßig vom 03. bis 04. September 2020
Deutschland im Jahr 2040: Das Reichengesetz
Deutschland befindet sich seit der Einführung des Reichengesetzes im Jahr 2036 in Aufruhr. Die von der DZP (Die Zukunftspartei) durchgesetzte Initiative legt fest, dass alle Bürger nur noch 200.000 Euro an Geldvermögen und bis zu 80.000 Euro im Monat als Einkommen haben dürfen. Sobald es darüber geht, muss der Restbetrag an den Staat als Steuer abgeführt werden.
Mit diesen Einnahmen wird ein allgemeines monatliches Grundeinkommen von 2.500 Euro finanziert. Auch Forschung, Bildung und Infrastruktur werden damit massiv gefördert. Allerdings sorgt die Deckelung von Verdienst und Vermögen für großen Unmut auf Seiten derer, die sonst mehr Geld hätten.
Mit der Gründung der WP (Wohlstandspartei) spaltet sich die Gesellschaft in Deutschland weiter. WP und DZP führen extrem populistische Wahlkämpfe, die die Polarisierung befeuern. Geringer Verdienende werden von der WP als „Sozialschmarotzer“ und „Parasiten“ beschimpft, während die DZP die besser Verdienenden und Besitzenden als „Ausbeuter“ und „Bonzen“ diffamiert.
Es brodelt in Deutschland: Dialogbereitschaft ist nicht Sicht, jeglicher Wille zu Kompromissen scheint aufgrund der gegenseitigen verbalen Verletzungen abhandengekommen zu sein.
Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…
1. Akt: Brandenburger Tor
Vor dem Brandenburger Tor ist eine Bühne aufgebaut. Dr. Harald Glöckner, der Spitzenpolitiker der DZB, geht ans Mikrofon und spricht zu den tausenden Menschen vor der Bühne und den Millionen Menschen an den Bildschirmen, die den Auftritt live verfolgen.
Dr. Harald Glöckner: Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Dieses Jahr, 2036, wird ein historisches Jahr. Denn wir werden die Schere zwischen Arm und Reich schließen. (Applaus) Denn wir, damit meine ich die Partei der DZB, die Zukunftspartei, haben das Reichengesetz durchgesetzt. Dieses besagt Folgendes:
Jeder Bürger und jede Bürgerin darf ein Vermögen von maximal 200.000 Euro besitzen. Das maximale Einkommen beträgt 80.000 Euro im Monat. Wer mehr besitzt, muss das überschüssige Geld unverzüglich an den Staat abgeben. Durch das so eingenommene Geld wird ein bedingungsloses Grundeinkommen finanziert. Dieses beträgt 2.500 Euro für Jeden und Jede. (Applaus)
Publikum: Richtig so! Soziale Gerechtigkeit! Schluss mit der Zwei-Klassen-Gesellschaft!
Dr. Harald Glöckner: Der Rest des Geldes wird in andere Projekte investiert, insbesondere in Bildung, Forschung und die Infrastruktur des Landes. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Wir hoffen, dass die heutige Spaltung zwischen Arm und Reich geschlossen werden kann und wir ein friedliches, erfolgreiches Zusammenleben der Gesellschaft erreichen werden.
Dr. Harald Glöckner verbeugt sich, das Publikum steht auf und klatscht frenetisch.
2. Akt: Auf dem Kudamm
Mustafa und Augustus treten aus einem Club heraus auf die Straße. Auf einer Bank sitzen zwei weniger gut betuchte Bürger und unterhalten sich leise.
Augustus (genervt): Mein Gott, war die Party wieder überfüllt.
Mustafa: Genau! Seitdem die dieses dumme Reichengesetz eingeführt haben, gibt es keine exklusiven Partys mehr. All der Pöbel denkt, er sei jetzt mit uns auf einer Stufe.
Augustus (angewidert): Man kommt da durch die Tür rein und riecht gleich den Geruch dieser Straßenleute. Die können nicht mal vernünftig arbeiten und kriegen trotzdem so viel Geld. Das verstehe ich nicht. Der Staat zieht unser ganzes Geld ab und das geht dann an solche Leute!?
Mustafa: Ja das ist traurig. Aber ich habe eine Idee! Wir könnten eine Gegenbewegung gründen, vielleicht sogar eine eigene Partei aufmachen!
Augustus: Da bin ich dabei! Aber wie machen wir das?
Mustafa: Ich kenne da einen, der kennt sich aus in der Politik und ist auch recht vermögend. Den rufe ich mal an, der kann uns bestimmt helfen. (ruft Jörg an)
Jörg (am Telefon): Schönen Tag, Jörg hier.
Mustafa: Hey Jörg, kennst du mich noch, ich bin es, der Mustafa. Neben mir steht der Augustus. Wir haben keine Lust mehr auf das Reichengesetz. Die ganzen Sozialschmarotzer sollen unser hart verdientes Geld bekommen?! Das geht doch nicht! Jetzt möchten wir handeln! Wir wollen eine Partei gründen und dagegen ankämpfen.
Jörg: Und da hast du mich gleich angerufen, weil du weißt, dass ich spezielle Kontakte habe?
Mustafa: Genau!
Jörg: Na klar, da helfe ich euch! Das ist genau meine Wellenlänge. Ich habe auch schon eine Idee: Wir nennen die Partei die „Wohlstandspartei“. Weil der Wohlstand der Elite des Landes auch den Wohlstand des Landes bedeutet!
Mustafa: Sehr gut, klingt toll!
Jörg: Dann lasse ich mal meine Kontakte spielen, ich rufe ein paar Leute an und dann starten wir das. Ciao! (legt auf)
Augustus: Und? Was sagt er?
Mustafa: Er ist dabei, er sagt, er hilft uns und kümmert sich drum. Außerdem hat er eine Idee für einen Namen: Die „Wohlstandspartei“!
Augustus (begeistert): Sehr gut! (nachdenklich) Aber vorläufig wird das Gesetz ja nächsten Monat in Kraft treten. Also muss ich noch irgendwie mein Geld bis dahin in Sicherheit bringen.
Mustafa: Ach ja, das habe ich schon gemacht. Da kann ich dir ein paar Tipps geben. Ich sage dir: Immobilien!
Mustafa gibt Augustus Tipps, wie er sein Geld vor dem neuen Gesetz in Sicherheit bringen kann.
3. Akt: Auf dem Kudamm
Mustafa und Augustus treten aus einem Club heraus auf die Straße. Auf einer Bank sitzen Joachim Bauer und Hans Dieter und beobachten sie.
Joachim Bauer: Mensch Hans, schau dir diese eingebildeten Fatzkes an. Menschen ohne Maybach sind für die der Pöbel, wow.
Hans Dieter: Diese arroganten Bonzen. Ich bin echt froh, dass die Zukunftspartei das Reichengesetz durchgebracht hat. So wird denen das lockere Leben auf unsere Kosten bald nicht mehr möglich sein.
Joachim Bauer: Ja, endlich tun die Superreichen mal etwas für die Gesellschaft. Unsereins malocht den lieben langen Tag und kann sich nur zur Mittagspause – so wie jetzt – mal entspannen. Und die erben von ihrem Papi ein paar Milliönchen und denken, sie wären was Besseres als wir.
Hans Dieter: Es war wirklich eine tolle Sache, die Zukunftspartei zu gründen und so die Anliegen der Mehrheit der Bevölkerung in die Politik zu tragen. Wer hätte gedacht, dass so viele Menschen mit der Verteilung des Wohlstands unzufrieden waren. Mit so einem radikal sozialen Programm konnte die DZP echt punkten.
Joachim Bauer: Ich bin auch gleich eingetreten, mit so einer Partei haben wir einfachen Leute einfach mehr Gewicht.
Hans Dieter: Ich habe aber gehört, dass die Reichen jetzt eine eigene Partei gründen wollen, um das Reichengesetz wieder zu kippen.
Joachim Bauer: Das können sie ja versuchen, aber es profitieren einfach so viel mehr Leute von der Wohlstandsumverteilung als vorher. Bei gerechten Wahlen, wie wir sie haben, haben diese selbsternannten Eliten keine Chance.
Hans Dieter: Na hoffentlich hast du Recht. So, ich muss wieder an die Arbeit.
Joachim Bauer: Oh ja, ich auch. Heute habe ich eh schon spät Feierabend, ich komme besser pünktlich. Bis morgen!
Hans Dieter: Bis morgen!
Joachim und Hans gehen jeder zurück an die Arbeit, während im Hintergrund Mustafa und Augustus ihre Pläne schmieden.