Wer wagt den Aufstand?

Zeitreise-Bericht der Klasse 10C der Sekundarschule „Adolf Diesterweg“ (SKS) Stendal vom 29. bis 30. September 2022


Deutschland im Jahr 2045

Die einfachen Menschen sind froh, dass der Staat nicht nur die Miete zahlt, sondern auch Energie-, Kommunikations- und Transportkosten kostenlos stellt.

Zwar steigt die Inflation im Wochenrhythmus auf ein neues Hoch, doch um über die Runden zu kommen, müssen sie nur für die Lebensmittel zahlen. An dieser allgegenwärtigen Geldentwertung konnte auch die Einführung der neuen Währung „Euronen“ nichts ändern.

Die Menschen sind trotzdem dafür dankbar, dass sie keine existenziellen Sorgen kennen. Und doch kursiert das Gerücht, dass die politische Elite nicht nur allen möglichen Luxus genießt, sondern dies eigentlich Echsenmenschen seien, die die Bevölkerung klein halten möchten – und vielleicht noch viel Schlimmeres.

Noch ist die Stimmung gut, doch immer mehr Menschen träumen von einem neuen Land, das wohl nur durch einen Aufstand erreicht werden kann.


Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…

1. Akt: Im Casino

 Handelnde Personen:  

  • Mehrere Wahlhelfer  
  • Mehrere Wähler  

Wir befinden uns in einem zwielichtigen Casino für besonders wohlhabende Menschen. Hier treffen sich regelmäßig Frau Cash, Herr Money und Herr Reiche. Alle drei haben nicht nur Geld, sondern auch wichtige politische Positionen im Land inne.

Frau Cash (streckt ihre Hand aus): Geben Sie mir doch bitte nochmal den Champagner, Herr Money.

Herr Money reicht ihr wortlos die Champagnerflasche, ohne von seinem Pokerblatt aufzuschauen. Eine Zigarre hängt schräg aus seinem Mundwinkel. Er lächelt und legt seine Karten auf den Tisch.

Herr Reiche (lächelt betont lässig): Aber aber, Herr Reiche, lieber ein Ass im Ärmel als ein Joker am Tisch, wa? (lacht) Sie kommen aber momentan nicht nur beim Pokern ins Schwitzen, wa? Ich hab gehört, die Bevölkerung ist unruhig?

Herr Money (tupft sich mit einem goldenen Stofftuch die Stirn und winkt ab): Überschätzen Sie sich nicht, Herr Reiche. Überschätzen Sie sich nicht. Und ich weiß nicht, woher Sie Ihre Informationen haben, aber aktuelle Umfragen sagen, dass meine Bevölkerung sehr wohl zufrieden ist. Sie müssen ja schließlich auch nichts zahlen, außer ihr Essen.

Frau Cash (schlürft geräuschvoll ihren Champagner): Die haben gar keinen Grund sich zu beschweren. Aber meine neuen Werbekampagnen geben ihnen auch kaum eine Chance, etwas anderes zu denken (kichert albern).

Herr Reiche nimmt einen Schluck teuren Whiskey, legt einen Royal Flush auf den Tisch und grinst triumphierend.

Herr Reiche (lehnt sich zurück): Aufstände wird es jedenfalls unter meiner Herrschaft hier nicht geben. (er klatscht zufrieden in die Hände)

Was war das nur für ein Einblick in den Alltag der Elite? Richtig sympathisch wirken sie jedenfalls nicht. Und was meinte Herr Reiche mit seiner Aussage über Aufstände?


2. Akt: In der Bäckerei

 Handelnde Personen:  

  • Frau Becker – Bäckereifachverkäuferin  
  • Herr Brötchen – Kunde  

Herr Brötchen kommt in die Bäckerei, es klingelt, als die Tür auf- und wieder zugeht. Er hat kaum Gelegenheit, sich umzuschauen, da wird er schon angesprochen.

Frau Becker (freundlich): Guten Tag, was kann ich für Sie tun?

Herr Brötchen (mustert die Auslage): Zwei Mehrkorn, ein Weltmeisterbrötchen und dann drei von diesen Wuppies bitte. Die schmecken einfach zu gut. (beginnt in seiner Tasche nach Geld zu kramen)

Frau Becker (tütet die gewünschten Brötchen ein, tippt blitzschnell in die Kasse und lächelt Herrn Brötchen an): Das macht dann 3.750 Euronen bitte.

Herr Brötchen (entgeistert): WAS?! (Pause) Aber gestern waren es doch noch 3.000 Euronen glatt.

Frau Becker (nickt): Ja, ich weiß. Aber es gab über Nacht wohl noch einen neuen Inflationsschub. (zuckt mit den Schultern) Die Preise denke ich mir ja nicht aus, die werden von oben vorgegeben.

Herr Brötchen (starrt sie verständnislos an): Aber, aber… so viel hab ich nicht.

Frau Becker (greift nach der Tüte): Dann vielleicht 3 Wuppies weniger? Theoretisch müssen wir ja eigentlich nur für Essen zahlen, Miete und so wird ja staatlich übernommen. Ich weiß nicht, was Sie mit ihrem Geld machen. (schüttelt den Kopf)

Herr Brötchen (verzweifelt): Aber ich mache wirklich nichts. (jammernd) Es reicht nur einfach nicht.

Oh. Das war unerwartet. Die finanziellen Mittel der weniger Wohlhabenden scheinen wohl doch nicht allen auszureichen. Aber 3.750 Euronen für sechs Brötchen? Das ist auch wirklich viel. Wie ergeht es Herrn Brötchen weiter?


3. Akt: Auf der Straße

 Handelnde Personen:  

  • Herr Brötchen  
  • Herr Unruh – geheimnisvoller Anrempler  

Herr Brötchen taumelt hungrig und einigermaßen verwirrt aus dem Geschäft. Vorsichtshalber beißt er schnell in sein Weltmeisterbrötchen. Der Himmel zieht sich langsam zu und ein frischer Wind kommt auf. Herr Brötchen schlägt den Kragen seines Mantels hoch. Dabei wird er angerempelt von einem Mann, die Brötchentüte fällt in den Dreck. Der Mann entschuldigt sich nicht, sondern geht weiter und verschwindet in der Menge.

Herr Brötchen (klaubt verzweifelt seine Brötchen vom Boden auf): Maaaan. So eine Unverschämtheit!

Dann entdeckt Herr Brötchen einen Flyer, der ihm wohl zugesteckt wurde von dem rempelnden Mann. Verwundert liest er das Stück Papier.

„Sie können sich nicht mal mehr ein paar leckere Wuppies leisten, obwohl Ihre Lebenskosten doch übernommen werden? Sie würden sich gerne mal wieder etwas anderes leisten können als nur Essen?
Sie denken, dass es mehr geben muss im Leben als diese Politik? – Dann sind Sie bei uns goldrichtig.
Wir wagen den Aufstand. Machen Sie mit!
Wir gehen demonstrieren, am 24. Oktober 2045 auf dem Marktplatz.
Ein Wandel ist möglich, werden Sie ein Teil davon!“

Herr Brötchen blickt mit offenem Mund auf den Flyer. Er schaut sich neugierig nach dem geheimnisvollen Anrempler um, doch es ist keine Spur von ihm zu sehen. Er schüttelt den Kopf und blickt erneut auf den Flyer. Sollte er es wagen hinzugehen?

Ja, soll Herr Brötchen hingehen? Was wird passieren bei einer solchen Demonstration? Wo doch Herr Reiche sein Eingreifen schon angekündigt hat. Kann durch Demonstrationen wirklich eine Veränderung erreicht werden? Oder sind die meisten Leute zufrieden mit dem, was sie haben?