Willkommen in Metropolis

Nicht lange ist es her, da wurde die Schere zwischen Arm und Reich immer größer. In den verschiedensten Bereichen arbeiteten Roboter, die die niedrig qualifizierten Arbeitskräfte aus Fabriken, Apotheken, Läden usw. verdrängten. Den Beruf des Fließbandarbeiters, Apothekers und Verkäufers gibt es schon lange nicht mehr. Die Roboterproduzenten kassierten ab und die Massenarbeitslosigkeit trieb die wütenden Menschen auf die Straße.

Aber die Regierung hat reagiert. Sie hat die Mindestlöhne für diejenigen stark angehoben, die noch Arbeit hatten und Umschulungszentren eingerichtet, die die Arbeitslosen so ausbilden, dass sie auch in Zukunft eine Tätigkeit aufnehmen können, die sie erfüllt und ihren Talenten entspricht.

Arbeitslos bleiben dürfen nur diejenigen, die aus körperlichen oder psychischen Gründen nicht arbeiten können. Finanziert wird dies von den besonders Reichen, die die höheren Abgaben als Preis dafür akzeptieren, dass es nicht zu einer Revolution kommt. Im Jahr 2040 ist es undenkbar, dass man einen Beruf einmal erlernt und bis zum Lebensende ausübt. Dass man immer eine angemessene Arbeit findet, ist Aufgabe der Politik. Sie nimmt die große Herausforderung an, diesen gesellschaftlichen Wandel zu organisieren.

Da ihr dies gut gelingt, haben es Populisten schwer. Es gibt verschiedene Parteien: Manche setzen sich für die Bessergestellten ein, andere vertreten die neue Arbeiterklasse – die Roboterelektroniker – und wieder andere verfolgen die Interessen der „neuen Dienstleister“. Alle sind sich darin einig, dass das Geld in der Gesellschaft im Rahmen einer sozialen Marktwirtschaft fair verteilt werden muss und der Staat durch Schulungen die drohende Arbeitslosigkeit der Entlassenen infolge von Automatisierung verhindern muss.   



Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…

1. Akt: Im Supermarkt

 Handelnde Personen:

  • Roboter 207  
  • Kunde 1  
  • Kunde 2  
  • Mechaniker  

An der Kasse sitzt ein Roboter und kassiert ab.

Roboter: Guten Tag!

Beide Kunden: Guten Tag!

Der Roboter kassiert ab. Es piept, während die Ware über den Scanner geschoben wird.

Kunde 1: Ist schon Wahnsinn, was die Roboter heute schon alles können, früher haben das noch richtige Menschen gemacht.

Kunde 2: Ja, aber denk auch mal an die vielen Leute, die ihren Job dadurch verloren haben.

Der Roboter macht komische Geräusche, er stöhnt und lässt seinen Kopf hängen. Die beiden Kunden schauen sich ratlos an. Dann werden sie sauer.

Kunde 1: Was soll das denn? Also früher sind die Kassierer nicht „kaputt“ gegangen (Kunde 2 kichert). Mal ehrlich, wenn ich entscheiden könnte, würde ich lieber einen Menschen dort sitzen lassen. Früher konnte man sich noch kurz unterhalten, aber mit einem Roboter?

Kunde 2: Ja, Einkaufen wird immer anonymer und dann funktionieren die Roboter noch nicht mal richtig …

Eine Mechanikerin kommt aus dem Betriebsraum herangeeilt.

Mechanikerin: Oje, warum funktioniert denn unser Robo75 nicht? Entschuldigen Sie bitte die Störung. Ich werde mir das gleich einmal anschauen.

Die Mechanikerin nimmt ihr Holo-Tablet, um mit wenigen Wischbewegungen und nach kurzem Oh und Ah zufrieden diese wieder zu schließen. Der Roboter wacht mit einem Stöhnen auf, schaut sich verwundert um und beginnt die restliche Ware einzuscannen.

Mechanikerin: Eigentlich funktioniert das neue Modell schon ganz gut. Das war ein seltener Fehler, aber dank der SmartRobotApp ist das ja schnell behoben.

Kunde 1: Wie ist das eigentlich für Sie, dass jetzt hier Roboter abkassieren.

Mechanikerin: Ich bin echt zufrieden. Früher war ich ja noch Kassiererin und hatte mich erst fürchterlich geärgert, von einem Roboter vom Arbeitsplatz verdrängt worden zu sein. Aber seit ich dank Umschulung nun den Roboter warte, habe ich einen viel entspannteren Arbeitstag. Ich muss ja nur ran, wenn der Roboter ausnahmsweise mal geölt oder wie jetzt repariert werden muss. So kann ich im Gegensatz zu früher den Kunden beim Einkauf helfen – und ab und an sind selbst private Telefonate erlaubt. Ganz zu schweigen vom doppelten Gehalt.

Kunde 2: Das klingt gut, ich glaube, mein Sohn sollte bei Ihnen mal ein Praktikum machen (zwinkert verschmitzt der Mechanikerin zu).

Die beiden Kunden warten, bis der Roboter die Waren eingepackt und ins Auto getragen hat, verabschieden sich von der Mechanikerin und brausen lautlos davon.


2. Akt: Auf der Straße

 Handelnde Personen:

  • Arbeiter 1  
  • Arbeiter 2  
  • Arbeiter 3  
  • Arbeiter mit Gipsbein  

Die Arbeiter unterhalten sich darüber, dass der Hyperloop zu Ende gebaut werden muss und das Wetter ihnen zu schaffen macht.

Arbeiter 1: Die haben wieder viel zu wenig Zeit für den Mist hier eingeplant!

Arbeiter 2: Ja, na das ist doch eigentlich immer so, oder? Statt mal intelligentere Roboter zu entwickeln, denen man auch hochriskante Vakuum-Arbeiten zutrauen kann.

Arbeiter 3: Naja, die ganzen Typen, wie unser Chef, die haben doch alle gar keine Ahnung, wie das hier draußen ist.

Ein weiterer Arbeiter mit Gipsbein kommt auf einem Hover-Rollstuhl herbeigeflogen.

Arbeiter mit Gipsbein: Hallo Jungs! Der Arzt meinte, dass mein Bein wohl drei Mal gebrochen sei, aber dank der neuen Gesundheitskasse und den neuen Gesetzen bekomme ich ja gerade mehr Geld, da ich zu Hause rumhocken muss (die anderen Arbeiter machen große Augen). Aber schließlich kosten die Medikamente ja auch. Eigentlich fair, denn wer will schon sinnlos zu Hause rumsitzen und dabei noch die Schmerzen ertragen müssen – schließlich war es ein Arbeitsunfall. Selbst nach Bezahlung der Medikamente bleibt da noch einiges übrig, um sich etwas zu gönnen in dieser doofen Situation. Zum Glück erhalten wir ja eh mehr Geld durch die Erhöhung der Mindestlöhne. Wisst ihr noch, wie das früher war (er lacht, die anderen nicken)? Bei dieser Bezahlung macht mir die Arbeit jetzt sogar Spaß.

Arbeiter 1: Naja, stimmt schon. Früher hatte ich kaum Motivation. Aber jetzt weiß ich, dass ich mir nach der Arbeit auch was leisten kann.

Arbeiter mit Gipsbein: Naja, muss weiter zur Ganzkörper-Heilungsbestrahlung. Da dürften die Brüche statt nach 6 Wochen schon in 6 Tagen wieder geheilt sein. Wir sehen uns also in Kürze, Jungs!

Alle drei Arbeiter: Mach’s gut und gute Besserung!

Die drei machen sich wieder an die Arbeit und der krankgeschriebene Kollege düst mit seinem Hover-Rollstuhl davon.


3. Akt: In der Wohnung

 Handelnde Personen:

  • Markus – Nachbar 1  
  • Klara – Nachbarin 1  
  • Felix – Nachbar 2  
  • Jessica – Nachbarin 2  

Alle sitzen am Tisch zusammen. Markus und Felix unterhalten sich über ihr Einkommen in der Firma.

Markus: Wie findest Du das, dass die Reichen jetzt mehr Steuern zahlen müssen?

Felix: Sehr gut, da es dann nicht so große Unterschiede gibt zwischen Reich und Arm.

Klara: Wollt Ihr noch etwas?

Markus, Felix und Jessica: Nein, danke!

Jessica: Auch für die Kinder ist es besser, wenn sie alle – mehr oder weniger – in Gleichheit aufwachsen.

Felix (nickt): Da haste Recht, Schatz! (schaut in die Zeitung) Ach, bald sind ja wieder Bundestagswahlen!

Markus: Na, es gibt ja echt eine Menge Parteien, aber ich wähle die vom letzten Mal – die Gerechtigkeitspartei. Die neue Steuerpolitik finde ich echt gut, das muss belohnt werden. Endlich mal eine Regierung, die das tut, was wir Bürger auch wollen.

Felix: Ja, die wähle ich auch!

Beide Paare stehen auf und machen sich auf zur Arbeit.