Zeitreise-Bericht der Klasse 10a des Gottfried-Herder-Gymnasiums Merseburg vom 18. bis 19. Mai 2022
Deutschland im Jahr 2045
Die deutschen Groß- und auch einige Mittelstädte wurden zu Modellstädten erkoren. Unter diesen ist auch die Stadt Buxtehude, in der eine direkte Demokratie erprobt wird. Die gesamte Bürgerschaft kann also politische Entscheidungen treffen.
Es herrscht eine weitgehende Chancengleichheit für alle. So gibt es eine Gemeinschaftsschule von der 1. bis zur 10. Klasse. Je nach Leistungsstand können die Schüler zudem die Gymnasialstufe besuchen, um das Abitur zu machen und zu studieren. Das Gesundheitssystem ist ebenso für alle gleichermaßen zugänglich. Arbeitszeiten können sehr flexibel gestaltet werden. Schon Teilzeittätigkeiten garantieren ein gutes Einkommen ohne steuerliche Abgaben. Viele geben sich zugunsten von mehr Freizeit damit zufrieden, auch wenn sie sodann zur Unterschicht gehören. Eine freiwillige Mehrarbeit oder Schichtdienste sowie nicht zuletzt auch eine höhere Bildung ermöglichen ein höheres Arbeitseinkommen und einen Aufstieg in die Oberschicht. Diese subventioniert mit Steuern die Sozialleistungen auch für die Bürger der Unterschicht.
Die Oberschicht kann sich kleine Stadtvillen sowie fliegende Autos leisten. Die Unterschicht wohnt in Hochhäusern und nutzt straßengebundene Autos oder den kostenlosen Nahverkehr. Insgesamt gibt es viele bedeutende technische Neuerungen. So werden die Modellstädte durch Reflektorschilde gegen Luftverschmutzung, schädliche Strahlung und Luftangriffe abgeschirmt. Statt Bargeld gibt es nur noch Kryptowährungen. Zahl- und Authentifizierungsvorgänge werden mit einem Fingerabdruck vorgenommen. Das bedeutet jedoch, dass sämtliche persönliche Daten zentral gespeichert werden. Durch modernste Medizintechnik lassen sich bisher tödliche Krankheiten heilen. Ferner gibt es in der Nachbarschaft der Menschen mehr und mehr Androiden, die oft nur auf den zweiten Blick als solche zu erkennen sind, einer geregelten Arbeit nachgehen und teilweise Ordnungsaufgaben für die Stadt übernehmen.
Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…
1. Akt: In einer Wohnung
In einer praktisch eingerichteten Wohnung eines Hochhauses im Viertel der Unterschicht sind die Eltern in Sorge um ihren Sohn, der sich verspätet hat.
Mutter: Ach, wo bleibt nur unser Sohnemann? Er ist schon viel zu spät!
Vater (nickend): Ja!
Mutter (seufzend): Ist ihm was passiert?
Vater (mit Blick zur Tür): Da kommt er doch!
Sohn: Hallo Mama, hallo Papa!
Mutter (liebevoll): Schatz, wieso bist du so spät?
Vater (streng): Mein Freundchen, wir hatten eine Zeit ausgemacht, wann du da sein sollst!
Sohn: Ich bin mit meinem Roller gefahren und dann bin ich hingefallen, wegen diesem Tagebuch (ein zerfleddertes Buch aus seinem Rucksack ziehend), das auf dem Weg lag.
Mutter: Und warum hast du ’s mitgenommen?
Sohn: Warum denn nicht? Ich hab mal reingelesen, das war interessant!
Vater: Na dann lies mal vor!
Sohn: Ok! (das Buch an einer zufälligen Stelle aufschlagend) „Tagebucheintrag, 7. September 2035: Liebes Tagebuch, heute war zunächst wieder ein Tag wie gestern, mit Schmerzen. Doch nach dem Frühstück sind wir zum Arzt gefahren. Dieser hat dann mit so einem Handgerät meinen ganzen Körper gescannt und herausgefunden, dass ich Krebs habe. Zum Glück leben wir in einer Zeit, wo Krebs kein Problem für unsere Technologie ist. Wir mussten zwar einige Euro für die Behandlung bezahlen, das war aber kein Problem. Ich hoffe, mir geht es morgen wieder besser. Bald fangen die Prüfungen an und ich will meinen Traumdurchschnitt erreichen, damit ich studieren kann.“ (das Buch zuschlagend) Mama, sag mal, warum mussten die für die Behandlung Geld bezahlen?
Mutter: Nun, damals gab’s noch Bargeld, heute haben wir ja nur noch digitales Geld wie Bitcoins. Außerdem bezahlen die Reichen unsere Krankenversicherung.
Sohn: Echt, das ist ja krass!
2. Akt: Im Park
Drei Freunde chillen bei lauter Musik auf einer Bank in einem Park, der an das Villenviertel der Oberschicht grenzt.
Luis (gegen die Musik anschreiend): Und Jungs, wie war eure Arbeit heute?
Liam: Anstrengend, aber ging. War ja schnell vorbei!
Pitt: Ich muss dann am Abend noch ran.
Plötzlich kommt ein nobel angekleideter Anwohner hinzu.
Anwohner (mit strenger Mine, jedoch höflich): Entschuldigung, können Sie mal die Musik leiser machen?
Luis (lässig): Wieso, wir sind doch hier im Park!
Anwohner: Machen Sie bitte leiser, Sie stören die Nachbarschaft!
Liam (nicht unfreundlich): Hey Meister, chillen Sie mal!
Anwohner (zu einem Passanten, der einen etwas steifen, ja künstlichen Gang hat): Werter Herr, können Sie mir helfen? Diese jungen Herren sind viel zu laut und wollen nicht auf mich hören. (sich wieder an die drei auf der Bank wendend) Und warum sind Sie eigentlich am helllichten Tag nicht bei der Arbeit?
Luis: Waren wir doch!
Pitt: Und ich geh noch!
Passant (seiner Wortwahl nach offensichtlich ein Android): Ja, ganz richtig, Sie können nicht mit übermäßiger Lautstärke Musik im öffentlichen Raum hören und damit andere Mitbürger stören. Das ist verboten!
Liam: Das ist unsere Freizeit, wir haben hart gearbeitet.
Der Passant fasst sich ans rechte Ohr und faselt etwas, so als würde er telefonieren.
Passant (sich an Liam wendend): Ich hab hier gerade Ihren Chef an der Leitung. Der sagt, Sie sind heute eine halbe Stunde früher los.
Anwohner (mit verächtlichem Blick auf Liam): Aha, da haben wir’s!
Liam (missmutig): Und Sie Schnösel müssen gar nicht arbeiten!
Passant (nüchtern): Kontrollieren Sie bitte ihre Wortwahl! (kurz innehaltend, so als würde er sich selbst über etwas versichern) Sie sind doch aus dem Armenviertel, oder?
Pitt: Ja, na und?
Anwohner: Die sollten eine Geldstrafe bezahlen!
Passant (Pitt mit einem festen, schmerzhaften Griff von der Bank ziehend): So ab jetzt hier und (zu den anderen) ihr auch, bevor ich die Polizei rufe!
Die drei Freunde verschwinden fluchend im Park.
3. Akt: In der Disco
Franz und Jason verbringen ihren Feier„abend“ in einer Disco, die bereits um 14 Uhr öffnet. Viele Leute tanzen bei Techno, der immer wieder Grooves enthält, die jenseits hörbarer Frequenzen als Vibrationen im ganzen Körper spürbar sind.
Franz: Hilo, Jase!
Jason: Hilo, Tanzel-Franzel!
Franz (mit einem Stirnrunzeln): Jase, du hast doch einen über ’n Durst getrunken, oder?
Jason (leicht lallend): Nee, nee! (zeigt in Richtung DJ am Mischpult) Da oben, der Kollege! Das gehört zu seiner Arbeit.
Franz: Nun, gerade hatten wir doch diese Volksabstimmung wegen einem Alkoholverbot.
Jason: Ach ja! Wofür hast du da gestimmt?
Franz: Na für das Verbot?
Jason: Echt?
Franz: Na man kann doch auch so Spaß haben, ohne Alkohol.
Jason: Und zum Entspannen, nach der Arbeit? (einen Flachmann aus seiner Hosentasche ziehend und einen Schluck trinkend)Ah!
Franz (mit mitleidsvoller Mine): Na ja, muss jeder für sich selbst wissen!
Jason (sich noch einen Schluck genehmigend): Stimmt!
Franz: Ich geh mal tanzen. Und trink du nicht so viel!
Jason: Jaja!
Franz: Tschösi!
Jason: Tschaulom!
Franz verschwindet auf der Tanzfläche, während Jason zur Bar geht.
Lektorat: sb