Zeitreise-Bericht der Klassen A25 1/2 der Integrierten Gesamtschule Halle Am Steintor vom 12. und 13. Oktober 2022
Deutschland im Jahr 2045
Seit knapp 10 Jahren regiert in Deutschland die Sozialistische Umweltpartei (SUP). Vor allem über höhere Spitzensteuersätze und die Enteignung sehr reicher Unternehmen sowie durch die Abschaffung privater Versicherungen und Deckung der Grundbedürfnisse anhand eines stark erhöhten Mindestlohns hat die Partei für alle einen annähernd gleichen Lebensstandard geschaffen. Während in anderen Ländern das Wohlstandgefälle noch größer geworden ist, bestehen in Deutschland nur marginale Vermögensunterschiede. Die Regierungsvertreter sprechen daher häufig und nicht ohne Stolz von einem „Gleichland“.
Sämtliche Privat- und Spezialschulen wurden abgeschafft zugunsten von integrierten Gesamtschulen. Der Staat sorgt für die Verbreitung wichtiger und moderner Technologien, so auch in den Schulen, wenngleich mache High-Tech-Produkte Luxusgüter darstellen. Auch ist fraglich, ob die Technik hauptsächlich den Menschen dient oder eher der Wirtschaft oder gar der Staatsmacht.
Ein weiterer Förderschwerpunkt der Regierung sind intensive und großflächige Maßnahmen gegen den Klimawandel.
Trotz der genannten sozialen und ökologischen Errungenschaften regt sich Unzufriedenheit oder gar Widerstand bei Teilen der Bevölkerung, die statt des kommunistischen ein kapitalistisches System fordern. Das gilt vor allem für die einstige Oberschicht sowie für vormals reiche und eigenständige Bundesländer wie Bayern. Manche – unter ihnen nicht wenige Verschwörungsdenker – nennen den Staat deshalb auch schon eine Art „DDR 2.0.“
Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…
1. Akt: Am Brandenburger Tor
In Berlin am Brandenburger Tor findet eine Demonstration statt. Die Teilnehmer fordern mit lauter Stimme und sehr einschlägigen Losungen die Abspaltung Bayerns von Deutschland. Sie wollen nicht mehr Teil eines kommunistischen Systems sein und stattdessen einen autarken Staat mit einer kapitalistisch verfassten Wirtschaft.
Unter die Protestierenden mischen sich mehr und mehr Gegendemonstranten, die für das bestehende System sind. Die Stimmung ist aufgeheizt.
Zwei Demonstranten (lautstark bayrische Flaggen schwingend): Freistaat Bayern, Freistaat Bayern, Freistaat Bayern!
Gegendemonstrant (kopfschüttelnd): Die müssen immer alles anders machen als der Rest.
Gegendemonstrantin (aufgebracht): Ja, die machen immer nur unnötig Lärm. Nur an sich denken! Dabei ist doch alles gut, so wie’s jetzt ist.
Demonstrantin (wütend): Wir wollen keinen scheiß Kommunismus! Irgendwer muss doch etwas dagegen tun, dass unser Land den Bach runtergeht.
Gegendemonstrantin: Nein, ihr zerstört mit eurer Eigenbrötlerei die Wirtschaft von Deutschland!
Demonstrant: Hallo?! Wir lassen uns von diesem gescheiterten Staat nicht mehr unser Geld aus den Taschen ziehen!
Demonstrantin: Ja, ohne unser Geld, was wärt ihr dann?
Demonstrant: Und Bayern wäre viel besser alleine dran!
Gegendemonstrant (die Nase rümpfend): Ach, das kriegt ihr doch eh nicht hin! Schon nach kurzer Zeit wollt ihr wieder zu Deutschland zurück. (mit einer abfälligen Handbewegung) Diese Idioten!
Demonstrantin: Scheiß Kommunisten!
Die Gegendemonstrantin fühlt sich beleidigt und schubst die Demonstrantin samt Bayernflagge zu Boden.
Demonstrantin (sich wieder aufrappelnd): Hey!
Die Demonstrantin schubst gleichfalls ihre Kontrahentin.
Gegendemonstrantin (aggressiv): Eh, geht’s noch?
Zwischen die Streitenden stellt sich plötzlich ein Polizist in einer naturgrünen Uniform.
Polizist: MitbürgerInnen, was gibt es hier für ein Problem?
Gegendemonstrantin (verächtlich auf die Bayern-Sympathisantin zeigend): Die hat mich geschubst!
Demonstrantin: Äh, aber sie ist zuerst auf mich losgegangen.
Polizist (zur Demonstrantin mit der Bayern-Flagge): Kommen Sie bitte mit! Ich möchte Ihre Personalien aufnehmen.
Demonstrantin (vom Polizisten mit einem festen Griff abgeführt): Hallo? Hören Sie mir überhaupt zu?
Die beiden Gegendemonstranten lächeln schadenfroh, während der zurückgebliebene Demonstrant seine Bayern-Fahne fallen gelassen und sich in die Menge geflüchtet hat.
2. Akt: Auf der Straße
Drei Freunde spazieren durch das Stadtzentrum. An den Fassaden der Hochhäuser werden auf riesigen LED-Bildschirmen in 8K-Qualität News und Reklame ausgestrahlt. Vor einer besonders beeindruckenden Werbung mit 3D-Effekten bleiben die Freunde stehen. Ein Model mit einer stylischen Sonnenbrille scheint, von einer eingängigen Werbestimme begleitet, wie aus dem Bild auf die drei zuzugehen.
Werbestimme: Liebe MitbürgerInnen, hatten Sie schon mal eine Gleitsichtbrille, die gleichzeitig eine Sonnenbrille ist? Nein? Dann sollten Sie sich unsere „Multifunction Glasses“ (das Model fasst sich betont an die Brille) anschauen! Dank der praktischen GPS-Wegbeschreibung wissen Sie immer genau Bescheid, wo Sie hinmüssen. Die smarte Kamera der Multifunction Glassesüberzeugt mit gestochen scharfen Aufnahmen in 16K-Quality. Und die Glasses ermöglichen jetzt auch Facetime-Anrufe. Das intelligente Mikrofon, das unsichtbar in den Brillenbügeln eingebaut ist, hilft dabei, Nachrichten bequem ohne Benutzung einer Tastatur zu versenden.
Freundin 1 (mit leuchtenden Augen): Wow!
Werbestimme: Seien Sie einer von wenigen Besitzern dieser außergewöhnlichen Brille für den unschlagbaren Preis von nur 599 €. Schlagen Sie jetzt zu! Weitere Informationen finden Sie unter yourglasses.com oder über die 0800/535353.
Freundin 1 (sich an die Freunde wendend): Krass, habt ihr diese Brille gesehen? Ist die nicht cool?
Freund: Hmm, dieses Angebot hat doch mehr als einen Haken, oder?
Freundin 2: Ja, das sieht ganz so aus!
Freundin 1: Nee, das Ding ist doch voll abgefahren!
Freund (mit einem Stirnrunzeln): Und voll die Geldverschwendung!
Freundin 2: Und getestet wurde die sicher auch viel zu wenig, zumal sie ganz neu ist.
Freund: Und außerdem hat sie bestimmt keinen richtigen Datenschutz.
Freundin 1 (mit Schmollmund): Ach ihr Spielverderber! Auch wenn ihr vielleicht wirklich recht habt.
Die drei Freunde ziehen weiter, obwohl sich die eine Freundin noch einmal nach der Werbung umdreht.
Lektorat: sb