Polarisierte Politik

Zeitreise-Bericht der Klasse 10B der Sekundarschule „Adolf Diesterweg“ (SKS) Stendal vom 29. bis 30. September 2022

Deutschland im Jahr 2045

Auf der politischen Bühne stehen sich das aktuell regierende DD-Bündnis („Demokratie für Deutschland“) auf der einen sowie die VD („Volkspartei Deutschlands“) auf der anderen Seite unversöhnlich gegenüber. Beide Parteien beanspruchen jeweils für sich die „wahren“ Demokraten zu sein und das Beste für Deutschland zu wollen. Die DD meint, das Grundgesetz stehe über allem und sei unantastbar, während die VD auf eine Abschaffung des Grundgesetzes dringt. Wenn es nach der VD ginge, sollte jedwede Art von Gesetzen eingeführt oder abschafft werden können, solange eine Mehrheit im Parlament dafür stimmt.

Die Spaltung innerhalb der parteipolitischen Landschaft spiegelt sich auch in der Bevölkerung wider. Anhand von Molos (vor dem Auge aufploppenden Mini-Hologrammen) wird das Persönlichkeitsprofil eines jeden Bürgers und indirekt auch dessen politische Einstellung sichtbar. Teil dieser Hologramme können Codes, Symbole, Musik und ähnliches sein. Das führt nicht immer zu einem Übereinkommen verschiedener Menschen, sondern häufig zu Anfeindungen und heftigen Streits. Ein Raushalten aus der Politik wird in der Gesellschaft nicht toleriert. Befragt man die Bürger, ob sie zufrieden mit der Situation sind, dann geben sie an, traurig über die Spaltung im Land zu sein.

Informationsbeschaffung, Bildung, Arbeit, Freizeit erfolgen fast ausschließlich über das Metaverse. Alles spielt sich in den abertausenden „digitalen Inseln“ ab. Nur im Kreis der engsten Familie oder als Highlight an runden Geburtstagen trifft man sich noch „real“.



Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…

1. Akt: Auf einer Kundgebung

 Handelnde Personen:  

  • Anhänger der VD  
  • Anhänger des DD-  
    Bündnisses  
  • Neutrale Person  

Auf dem Stendaler Marktplatz findet eine Protestkundgebung der VD (Volkspartei Deutschlands) gegen das regierende, aber schwächelnde DD-Bündnis (Demokratie für Deutschland) statt. Die VD-Parteianhänger rufen lautstark ihre Parolen und schwenken Flaggen und Transparente mit ihren Losungen, während einige DD-Anhänger die Kundgebung zu stören versuchen.

VD-Anhänger (laut seine Plakatlosung schreiend): Wählt die VD, wählt die VD! Die VD ist die beste Partei ever. Wir schaffen das Grundgesetz ab, damit wir neue Gesetze erschaffen und eine starke wirtschaftliche Regierung einrichten können.

Ein DD-Anhänger, der sich unter die Protestierenden gemischt hat, entreißt plötzlich das Transparent des VD-Anhängers und schmeißt es zu Boden.

VD-Anhänger (erbost und das Transparent wieder aufhebend): Hey, was soll das?

DD-Anhänger (kämpferisch): Deine VD ist unser Unglück! Sie will das Grundgesetz abschaffen.

VD-Anhänger (sich kurz sammelnd und zur Ruhe zwingend): Nein, mir der VD wendet sich alles zum Besseren! Wir wollen eine neue, tatkräftige Regierung.

DD-Anhänger (ebenfalls versucht ruhig): Das DD-Bündnis ist und bleibt eine gute Regierung. Warum sollte man das Grundgesetz abschaffen? Es ist die Grundlage unserer freiheitlichen und friedlichen Verfassung.

VD-Anhänger (sichtlich angespannt): Nein, das Grundgesetz hält die Regierung davon ab, wirklich innovative Gesetze zu erlassen und Fortschritt zu schaffen.

DD-Anhänger (schmunzelnd): Ach, deine VD-Partei ist völlig überflüssig oder (wieder ernst) sogar gefährlich!

VD-Anhänger (aufgebracht): Gefährlich? Pass mal auf, ich werd dir gleich gefährlich!

DD-Anhänger (ebenso aggressiv): Pass bloß auf, dass ich dir keine reinhaue!

VD-Anhänger: Na los, trau dich!

Die Streitenden ballen ihre Fäuste und setzen zu einer Schlägerei an, als eine dritte Person auf einmal dazwischengeht.

Neutrale Person (mit ausgestreckten Armen die beiden anderen auf Abstand haltend): Hey, hey, ruhig Blut! Was ist hier überhaupt los?

DD-Anhänger (abfällig): Mit diesem VD-Heini geht gar nichts los!

VD-Anhänger (erzürnt): Dieser Typ hier von der DD, der stört unsere Demo für den Fortschritt. (wieder laut skandierend) Unsere VD ist die beste…!

DD-Anhänger: Schau, jetzt schreit der schon wieder rum!

VD-Anhänger: … die einzige richtige Volksgemeinschaft!!!

DD-Anhänger: Ha, das glauben die doch selber nicht!

VD-Anhänger: Einer für viele, viele für einen! (mit einem geringschätzigen Blick auf den DD-Anhänger) Und jetzt reicht’s! Hau bloß ab oder ich hau…!

Der VD-Anhänger erhebt seine rechte Faust, während er mit der linken den DD-Anhänger bei seiner Krawatte packt.

Neutrale Person (mit einer besänftigenden Geste an beide gewandt): Jetzt kommen Sie! Wir sind doch alle ein Volk und sollten zusammenhalten.

Der VD-Anhänger lässt augenblicklich wieder ab von seinem Gegner.

VD-Anhänger: Ach, ich wollte dem Kerl nur Angst machen. Ich mach mir doch nicht die Hände schmutzig.

DD-Anhänger: Aber vielleicht nimmst du meinen Handschlag entgegen und wir lassen es für den Moment gut sein?!

VD-Anhänger: Ok!

Beide reichen sich und dem Streitschlichter die Hand und gehen dann ihrer Wege, während die Stimmung auf der Kundgebung weiter aufgeheizt bleibt.


2. Akt: Beim Bundespräsidenten

 Handelnde Personen:  

  • Rainer Meier –   
    Bundespräsident  
  • Herr Müller –   
    VD-Abgeordneter  
  • Herr Witkowski –   
    DD-Abgeordneter  

Bundespräsident Rainer Meier versucht in dem eskalierenden Streit zwischen der VD (Volkspartei Deutschlands) und dem DD-Bündnis (Demokratie für Deutschland) zu vermitteln. Mit Herrn Müller und Herrn Witkowski hat er dazu je einen Abgeordneten beider Parteien in seinen Berliner Amtssitz eingeladen.

Bundespräsident: Willkommen zu unserer Besprechung! Die VD als Herausforderin des regierenden DD-Bündnisses darf sich als erstes äußern. Herr Müller, bitte!

VD-Abgeordneter: Die VD möchte eine bessere, tatkräftige Regierung bilden. Und das kriegen wir erst hin, wenn wir das Grundgesetz abschaffen…

DD-Abgeordneter: Einspruch! Ich als Abgeordneter der DD würde so was nie unterstützen. Und wir haben immer noch den größeren Rückhalt in der Bevölkerung. Freilich, unser Volk ist gespalten. Das weiß unsere Partei wie hoffentlich die VD auch.

Bundespräsident: Herr Müller, was antworten sie darauf?

VD-Abgeordneter: Die VD schafft das Grundgesetz ab, damit wir eine viel effektiver wirtschaftende Regierung einsetzen können.

Bundespräsident: Möchten Sie dem widersprechen, Herr Witkowski?

DD-Abgeordneter: Unser DD-Bündnis steht doch für eine funktionierende Wirtschaft. Trotz oder gerade angesichts der vielen noch ungelösten Probleme müssen wir alle bloß richtig zusammenhalten! Nun, wie Sie wissen, kam es auf einer Kundgebung der VD letzte Woche zu Ausschreitungen.

VD-Abgeordneter: Ja, die wurden von Ihren Leuten begonnen.

DD-Abgeordneter: Und zuvor von Ihren Hetzern provoziert! – Alle Medien haben darüber berichtet, auch darüber, wie unschön das Ganze ausgegangen ist. Wir dürfen so was nicht mehr zulassen! Oder wie sehen Sie denn dieses Land in fünf Jahren? Wollen Sie etwa einen Bürgerkrieg? Sie spalten unser Land, aber wir müssen Kompromisse finden!

VD-Abgeordneter: Nein, Herr Witkowski, ich möchte keinen Bürgerkrieg! Ich möchte einen einheitlichen, volkssozialistischen Staat.

DD-Abgeordneter: Herr Müller, wir sind im Jahr 2045! Haben Sie vergessen, was vor rund hundert Jahren passiert ist? Ihre Ermächtigungspläne funktionieren nicht in unserer Zeit.

VD-Abgeordneter: Natürlich funktionieren sie! Man muss es bloß wollen.

DD-Abgeordneter: Sie können das Land nicht noch weiter spalten.

VD-Abgeordneter: Das Land wird sich nur weiter spalten, wenn Sie sich nicht mit uns einigen.

DD-Abgeordneter: Wir können uns ja einigen, nur anders, als von Ihnen gefordert. Wir müssen einen Kompromiss finden.

VD-Abgeordneter: Was für einen Kompromiss schlagen Sie denn vor?

DD-Abgeordneter: Die Grundrechte können wir nicht abschaffen, so wie Sie es wollen. Aber man könnte ja gemeinsam innovative Gesetze im Rahmen des Grundgesetzes verabschieden.

VD-Abgeordneter: Solange wir diesen Rahmen beibehalten, bleiben wir nur beim Alten. Wir brauchen wirklich revolutionäre Gesetze. So muss etwa auch die Todesstrafe wieder eingeführt werden!

DD-Abgeordneter (seufzend): Puh, was hat das denn für einen Sinn? Es könnten auch unschuldige Leute sterben.

VD-Abgeordneter: Das sind dann bloß Kollateralschäden.

DD-Abgeordneter: Herr Müller, erst hatten wir eine Wirtschaftskrise 2025, danach ging alles den Bach runter.

VD-Abgeordneter (grinsend): Na ja, wegen den Grünen…

Bundespräsident: Herr Müller, bleiben Sie bitte beim Thema!

DD-Abgeordneter: Den Folgeproblemen dieser großen Krise hat sich das DD-Bündnis seit seinem Sieg bei der letzten Wahl gestellt, um an Lösungen zu arbeiten und die Spaltung der Gesellschaft zu verringern. Wir sind also bereits auf einem guten Weg, den es fortzusetzen gilt.

VD-Abgeordneter: Also gut, dann würde ich vorschlagen, dass Sie uns an der Regierung in einer Zwei-Parteien-Koalition beteiligen. Auf Augenhöhe!

DD-Abgeordneter: Abgemacht! Aber auf Grundlage der Verfassung!

VD-Abgeordneter: Gut!

Die beiden Kontrahenten geben sich die Hand und werden vom Bundespräsidenten auf einen Drink eingeladen.


Lektorat: sb