Die Petitions-App

Zeitreise-Bericht der Klasse 10C der Sekundarschule „Adolf Diesterweg“ (SKS) Stendal vom 29. bis 30. September 2022


Deutschland im Jahr 2045

Heute sind die Menschen froh, dass es die neue Petitions-App gibt. Eine App, die bereits zwei Jahre zuvor für einen bahnbrechenden Volksentscheid sorgte: Sollten Einkommensunterschiede ausgeglichen werden? Ja oder Nein. Die Bevölkerung entschied mehrheitlich mit Ja.

Das war alles nur möglich, weil die Neue Bürgerpartei (NB) 2030 ihr Wahlversprechen eingelöst hatte, Bürgerentscheide auch auf Bundesebene einzuführen. Dafür reichen einige tausend Klicks in der Petitions-App.

Eine der wichtigsten Entscheidungen, die so getroffen wurden, ist das Bedingungslose Grundeinkommen, das sicherstellt, dass niemand in Armut (über-)leben muss. Das neue hohe Wohlstandsniveau kam dank neuer Technologien in der Energiegewinnung. Auch hier investierte der Staat nur aufgrund eines Volksentscheids per App. Für Gas und Strom muss mittlerweile niemand mehr zahlen, während Deutschland dank dieser neuen Energiequellen wieder Exportweltmeister wurde. Darauf sind die Menschen heute stolz.


Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…

1. Akt: An der Parkbank

 Handelnde Personen:  

  • Heinrich – ein älterer Mann  
  • Charlotte – Jugendliche  
  • Charlotta – Jugendliche  
  • Charlotti – Jugendliche  

Drei Jugendliche schlendern durch einen Park und hören laut Musik. Dabei kommen sie an einer Parkbank vorbei, auf der ein älterer Mann sitzt. Heinrich, der ältere Mann, fühlt sich durch die Musik in seiner Ruhe gestört.

Heinrich (blaffend): Was hört ihr denn da? Das ist doch keine Musik!

Charlotte (blafft zurück): Was hörst du denn für Musik, Opa! Das ist die Musik von heute!

Charlotta (nickt begeistert): Ja, man. Die hören wir auf unseren Touchs. Geiler Sound, oder?

Die drei Jugendlichen bleiben an Heinrichs Parkbank stehen.

Heinrich (verständnislos): Tatsch…was? Was soll das sein? Damals hatten wir noch Tastenhandy. Nokia hieß das damals.

Charlotti (neugierig): Noccia? Noch nie gehört. Aber hier, guck mal, das ist mein Touch. (holt ihr Touch raus und zeigt es Heinrich) Damit kann ich zum Beispiel so geil Musik hören wie jetzt.

Musik kommt in hoher Qualität aus dem Gerät, die Jugendlichen wippen zum Takt mit dem Kopf.

Heinrich (immer noch verständnislos): Was ist denn aus den Smartphones geworden? Die hatten wir früher noch.

Charlotte (schüttelt wohlwollend den Kopf): Smartphones gibt’s längst nicht mehr. Darauf lässt sich auch die neue Petitions-App nicht starten. Deshalb wurden die abgeschafft. Nutzen Sie die Petitions-App etwa nicht?

Heinrich fühlt sich etwas abgehängt von den drei Jugendlichen vor sich, möchte sich aber nichts anmerken lassen und nickt begeistert zur Petitions-App. Gehört hat er davon allerdings noch nie. Charlotta, Charlotte und Charlotti gehen weiter und filmen sich, wie sie zur Musik abgehen.


2. Akt: Im Fernsehstudio

 Handelnde Personen:  

  • Rommy – Fernsehmoderator  
  • Tommy – Frisör  
  • Tammy – Polizistin  

Wir befinden uns live und in Farbe im Fernsehstudio der Show „Unsere Mitbürger:innen 2045“. Der Moderator Rommy sitzt seinen heutigen Gästen, der Polizistin Tammy und dem Frisör Tommy, gegenüber.

Rommy (strahlt in die Kamera): Liebes Publikum, in unserer heutigen Ausgabe von „Unsere Mitbürger:innen 2045“ haben wir Tommy, von Beruf Frisör, und Tammy, von Beruf Polizistin, zu Gast. Bitte einen großen Applaus für unsere beiden Mitbürger:innen.

Das Publikum klatscht begeistert. Rommy geht herüber zu den beiden Gästen und schüttelt überschwänglich die Hände von Tommy und Tammy.

Rommy (schaut auf seine Moderationskarten): Und hier kommt auch schon unsere erste Frage. Wie viel verdient ihr?

Tammy (lächelt): Wir haben eben schon backstage darüber gesprochen: Wir verdienen beide tatsächlich gleich viel.

Tommy (nickt zustimmend): Das ist Wahnsinn, oder? Ich habe heute das Gefühl Tammy viel mehr auf Augenhöhe begegnen zu können. Und auch, wenn sie zu mir in den Laden kommt, um sich ihre Haare frisieren zu lassen, behandele ich sie viel freundlicher, weil ich weiß, dass sie nicht mehr verdient als ich.

Rommy (strahlt in die Kamera): Und hat sie nicht eine tolle Frisur heute, unsere Tammy?

Das Publikum klatscht begeistert. Tammy winkt lachend ab.

Rommy (schaut wieder auf die Moderationskarten): Und damit kommen wir auch schon zu unserer zweiten Frage: Wo wohnt ihr beiden?

Tammy (lächelt): Wir wohnen in verschiedenen Häusern, aber in derselben Straße.

Rommy (strahlt in die Kamera): Und nun eine Frage ans Publikum: Wer denkt, dass Tammys Job viel gefährlicher und härter ist als Tommys?

Das Publikum zögert einen Moment und blinzelt ins helle Scheinwerferlicht. Dann hebt die Mehrheit verunsichert langsam den Arm.

Rommy (strahlt in die Kamera): Alles klar. Vielen Dank. Und das war’s auch schon wieder für heute bei uns im Studio von „Unsere Mitbürger:innen 2045“. Schalten Sie auch nächste Woche wieder ein, wenn wir die Professorin Katja und die Hausmeisterin Tatja zu Gast haben.

Ob die letzte Frage vielleicht Einige zum Nachdenken gebracht hat? Ein sehr interessantes Problem, das wir hier beobachten konnten. Sollten einige Jobs vielleicht doch besser bezahlt werden als andere, wenn sie z. B. besonders gefährlich sind? Oder ist die gleiche Bezahlung für alle einfach gut für das gesellschaftliche Zusammenleben und deshalb besser?


3. Akt: Homeschooling

 Handelnde Personen:  

  • Bernd – Vater  
  • Beate – Mutter  
  • Bobbi – Kind und Schüler  

Beate und Bernd sitzen am Tisch und brüten gemeinsam über einem Brief aus Bobbis Schule. In dem Brief werden Bobbis mangelnde Leistungen und Aufmerksamkeit thematisiert. Bernd und Beate sind verärgert.

Bernd (grummelt): Das gibt’s doch nicht. Nicht mal in Deutsch hat’s der Junge drauf. Dabei war ich in Deutsch immer Klassenbester.

Beate (besorgt): Und Mathe kann er auch nicht. Das kann doch gar nicht sein. Diese Schule ist einfach nicht gut genug für unseren Bobbi.

Bernd (nickt zustimmend): Absolut. Bobbi ist besser als das hier (deutet auf den Brief). Weißt du, was das Problem ist, Beate? Zu viele Schüler:innen in einer Klasse, alle Lehrenden direkt überfordert, alle gucken sowieso nur noch auf’s Handy.

Beate (begeistert): Aber, Bernd! Das ist DIE Idee. Internetschule! Schule von Zuhause aus und über’s Handy. Da hängen doch sowieso alle Kinder immer vor.

Bernd (ebenfalls begeistert): Du bist brillant, Beate!

Beate (aufgeregt): Ich trommel ein paar Leute aus der Nachbarschaft und aus unserer Elterngruppe zusammen. Wir starten eine Petition auf der Petitions-App! Dann gibt es für Bobbi und seine Freund:innen nur noch Internetunterricht. Das ist die Lösung!!!

Beate verlässt begeistert den Raum. Bernd lächelt zufrieden. Aber ist Internetunterricht wirklich so eine gute Idee? Werden Bernd und Beate mit dieser Petition durchkommen? Kann in dieser Welt wirklich jede Idee durchgesetzt werden, nur, weil sich genug Leute in einer App dafür entschieden haben?