Klimaneutral und rechts

Zeitreise-Berichte der Klasse 9b am Gymnasium „J. G. Herder“ Merseburg vom 6. bis 7. Juli 2021

Deutschland im Jahr 2040:

Deutschland wird von der Partei KRK regiert, der Klimaneutralen Rechten Partei. Die Politik der KRK ist geprägt von hohen Steuern für Klimaprojekte und Digitalisierung sowie einer ausgeprägten „Antimigrationspolitik“.

Um Klimaneutralität zu erreichen, werden neuartige Energiereaktoren eingesetzt, die keine schädlichen Abfälle produzieren. Regenwasserfilter auf den Dächern und postausliefernde Drohnen sind allgegenwärtig.

Nach der Abschaffung der privaten Krankenkassen sind alle – egal, ob Arm oder Reich – in der gesetzlichen Krankenkasse versichert. Da diese einen hohen Eigenanteil fordert, ist sie jedoch bei allen unbeliebt.

An den Schulen hat sich nichts Wesentliches geändert (außer, dass jetzt alle Schulen über ausreichend Spinde verfügen). Ein wichtiger Teil des Lebens sind Hologramme geworden, welche bei Krankheit oder Verletzungen oder überhaupt bei Meetings aller Art zum Einsatz kommen. Dadurch wird weniger geflogen und Auto gefahren, was gut für das Klima ist.

Das Städtebild ist von Hochhäusern geprägt, in welchen die Armen unterirdisch und die Reichen oberirdisch wohnen, da oberirdische Wohnungen deutlich teurer sind.



Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…

1. Akt: Im Klassenraum

 Handelnde Personen:  

  • Frau Sonnenschein – Lehrerin  
  •  Jolanda – reiche Schülerin  
  •  Jannis – armer Schüler  
  •  Monika – kranke Schülerin  

Die Lehrerin Frau Sonnenschein betritt das Klassenzimmer.

Frau Sonnenschein: Guten Morgen!

Klasse: Guten Morgen, Frau Sonnenschein!

Jolanda stöhnt genervt auf.

Jannis: Was stöhnst du denn schon wieder so?

Jolanda (an Jannis): Wieso musst du eigentlich immer neben mir sitzen? (an die Lehrerin:) Frau Lehrerin, können Sie die Schichten nicht trennen? Ich sitze nicht gern neben einem Armen.

Frau Sonnenschein: Ich schaue mal, was ich da tun kann. (blickt sich um) Wo ist Monika?

Jolanda: Krank. Sie schaltet sich bestimmt gleich per Hologramm dazu.

Ein Hologramm flackert auf, Monika sitzt (als Hologramm) im Klassenzimmer.

Monika: Guten Morgen, entschuldigen Sie bitte die Verspätung.

Frau Sonnenschein: Guten Morgen, Monika. (an alle:) Bitte packt eure Unterrichtsmaterialien aus.

Jolanda legt ein Tablet vor sich auf den Tisch, Jannis einen Schreibblock.

Jolanda (abfällig, an Jannis): Kannst du dir nicht mal was anderes leisten als diesen billigen Block?

Jannis (erbost): Kannst du nicht mal dein Mundwerk halten, du verwöhnte Kuh?

Frau Sonnenschein (geht dazwischen): Beruhigt euch! Wir fangen jetzt mit dem Unterricht an. Heute besprechen wir unser Gesundheitssystem. Was haltet ihr denn davon? Monika?

Monika: Ich finde das ziemlich unpraktisch. Bei meiner Krankheit die letzten Tage habe ich es selbst gemerkt. Wir waren beim Arzt wegen meines Hustens und Schnupfens. Und heute mussten meine Eltern mehr als die Hälfte der Behandlungskosten bezahlen. Das ist einfach nicht der Sinn von einer Krankenkasse.

Jannis: Sie übernimmt einfach viel zu wenig. Man könnte sie auch gleich weglassen und es wäre vielleicht sogar noch billiger.

Jolanda: Ich find’s blöd, dass ich zum selben Arzt gehen muss wie die Armen.

Frau Sonnenschein: Und was denkt ihr, müsste getan werden, damit ihr alle zufrieden wäret?

Jolanda: Private Ärzte.

Monika: Bloß nicht, dann gehen die Reichen wieder zu den exklusiven Ärzten und die Armen kriegen eine schlechtere Versorgung. Vielleicht eine private und eine gesetzliche Krankenkasse, so wie wir es neulich in Geschichte gelernt haben.

Jannis: Vielleicht wäre es auch einfach besser, wenn man die Beiträge zur Krankenkasse erhöht, dass sie mehr übernimmt.

Die Klasse diskutiert noch eine Weile weiter.


2. Akt: Im Fahrstuhl im Hochhaus

 Handelnde Personen:  

  • Jolanda – 20. OG  
  • Jannis – 3. UG  
  • Maria – 10. OG  
  • Monika – 10. OG  

Mehrere Leute betreten den Fahrstuhl eines Wohnhauses. Ein Handy klingelt. Jannis geht ans Telefon.

Jannis: Hallo? (spricht leise im Hintergrund weiter)

Jolanda: Guckt mal, ein Nokia. Wie peinlich! Das muss ja schon Jahrzehnte alt sein. Ich könnte ja nicht leben ohne das neueste iPhone!

Jannis verlässt den Fahrstuhl.

Maria und Monika: Tschüss!

Jolanda (angeekelt): Ihr sagt dem ‘Tschüss’? Sagt mal, habt ihr nicht gesehen, wo der ausgestiegen ist? Im Untergeschoss!

Maria: Wir haben da auch mal angefangen. Wir haben uns hochgearbeitet. Wo wohnst du denn?

Jolanda: Ich wohne in der 20. Etage.

Monika: Hast du dich auch hochgearbeitet?

Jolanda: Nein, ich hatte einfach Glück. Wie sagt man so schön: Der eine hat Glück, der andere Pech. Ich wurde da hineingeboren. Mit meinem Reichtum bin ich schon aufgewachsen. So, hier steige ich aus. Bis bald!

Jolanda steigt aus, die Türen schließen sich wieder.

Maria: Die ist schon ziemlich hochnäsig, oder?

Monika: Ich verstehe es einfach nicht. Wie kann es sein, dass sich manche hocharbeiten müssen, und andere werden mit einem silbernen Löffel im Mund geboren?

Maria: Ja, ich finde das auch echt ungerecht!

Die beiden steigen aus und begrüßen Bekannte.


3. Akt: Nachrichtensendung

 Handelnde Personen:  

  • Frau Müsli – Nachrichtensprecherin  
  • Maria – Assistentin  
  • Herr Dr. Schmidt – Politiker der Partei KRK  
  • Frau Montag – Oppositionspolitikerin  

Die Titelmelodie einer Nachrichtensendung ertönt, eine Nachrichtensprecherin erscheint.

Frau Müsli: Herzlich willkommen, liebe Damen und Herren, zur heutigen Ausgabe der Abendschau, am 7.7.2040. Die neuesten Nachrichten an diesem Tage:

Der Klimaschutz steht weiter auf der Tagesordnung der Politik. Weitere Besserungen sind in Sicht – (wird von Maria unterbrochen, die ihr etwas in das Ohr flüstert) oh, eine Eilmeldung. Wir schalten live in den Bundestag zur Rede des Präsidenten der Partei KRK, Herrn Dr. Schmidt.

Schmidt: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns in der letzten Sitzung bereits mit dem neuen Abschiebungsgesetz beschäftigt. Heute steht eine eventuelle Erhöhung der Steuern zur Debatte. Bevor ich mich nun allerdings zum heutigen Thema äußere, noch ein paar Worte zum gestrigen Thema: Abschiebung von Migranten. Da kann ich nur eine Politikerin von früher zitieren. Sie hat in diesem Parlament an diesem Redepult eine Rede gehalten. Ihr Name ist Alice Veidel und sie sagte hier einst „Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern.“

Wir von der KRK verstehen das natürlich. Früher hat sie dafür einen Ordnungsruf erhalten. Heute wissen wir es besser. Und genau deswegen bin ich für das neue Abschiebungsgesetz. Was hat aber das Abschiebungsgesetz mit unserer heutigen Debatte zu tun? Auf den ersten Blick vielleicht nicht so viel, da erhöhte Steuern erstmal nur erhöhte Einnahmen bedeuten. Doch ich bin genau dafür, dass wir diese Mehreinnahmen in die Digitalisierung stecken. Und je weniger Menschen wir mit digitalen Geräten ausstatten müssen, desto besser. Deshalb müssen wir mehr Leute abschieben. Vielen Dank!

Zurück im Studio.

Frau Müsli: Nach dieser Rede sind wir natürlich auf Reaktionen gespannt. Wir haben Frau Montag, eine Politikern der Opposition, per Hologramm zugeschaltet. Sie haben die Rede von Herrn Dr. Schmidt gehört. Was antworten Sie darauf?

Frau Montag: Zum ersten finde ich es gut, dass wir über das Problem der Migrationspolitik nachdenken. Viele Deutsche fühlen sich unwohl bei dieser Anzahl von Migranten in unserem Land. Dennoch muss auch die KRK beachten, dass viele der Migranten wichtige Jobs in Deutschland übernehmen. Zweitens möchte ich zur Erhöhung der Steuern Folgendes sagen: Klar ist Digitalisierung gut und für den Schritt in die Zukunft weiter sinnvoll. Dabei gilt es aber zu beachten, dass die Digitalisierung für die Reichen hauptsächlich als Potenzial gesehen wird, für die Armen ist es aber auch eine Gefahr, da der Verlust von vielen Arbeitsplätzen droht. Digitalisierung auf Teufel komm raus kann also nicht die Lösung sein.

Frau Müsli: Vielen Dank, Frau Montag. Weiter mit dem Wetter.

Die Abendschau verlässt das Politische.