Zeitreise-Berichte einer 10. Klasse des Fallstein-Gymnasiums in Osterwieck vom 23. bis 24. Januar 2020
Deutschland im Jahre 2040: Die „Grüne Bewegung“ verrät ihre demokratischen Ideale
In den frühen 2020er Jahren brachen immer schlimmere Umweltkatastrophen über die Welt herein: Waldbrände, Sturzfluten, Dürren und verheerende Stürme. In der Folge formierte sich ein starker grüner Widerstand gegen die herrschende Politik. Im Jahre 2025 stürzte die „Grüne Bewegung“ schließlich die Regierung und setzte eine neue „Klimaregierung“ ein.
Das wichtigste Politikfeld der neuen Regierung war die Klimapolitik. Alle anderen Bereiche wurden dem untergeordnet. Deutschland sollte komplett umstrukturiert werden. Um die Existenz von Leben auf dem Planeten Erde zu retten, ergriff die „Grüne Bewegung“ strenge Maßnahmen. Ihr erster Schritt war es, den allgemeinen Veganismus einzuführen. Verstöße dagegen wurden streng bestraft. Als nächstes grenzte sie die Mobilität stark ein und führte viele Verbote ein, zum Beispiel gegen Genforschung. So veränderte die neue Regierung alle Bereiche des Lebens in Deutschland.
Durch den Versuch, die Denkweise der Menschen zu verändern, kam es zu großen Spannungen in der Gesellschaft. Die neue Politik hatte zur Folge, dass viele Menschen ihre Arbeit verloren und verarmten. Auf der anderen Seite konnten einige Investoren in „grüne Produkte“ an Reichtum gewinnen. So entstanden größere soziale Unterschiede.
Durch die ständige Erinnerung an den bevorstehenden „Untergang“, den die Politik zur Rechtfertigung ihrer strengen Maßnahmen oft beschwörte, verbreitete sich in der Bevölkerung eine negative Grundstimmung. Diese äußerte sich vor allem in Neid, Missgunst, Habgier und Hass. Die Menschen distanzieren sich zunehmend voneinander und versuchen durch die allgegenwärtige Untergangsstimmung nur noch, sich selbst zu retten. Es zählt heute nicht mehr das faire Miteinander, sondern das Überleben.
Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…
1. Akt: Der Tagebucheintrag
Grülenia (schreibt und liest dabei vor): Liebes Tagebuch! Heute vor 19 Jahren brach die erste Naturkatastrophe aus, die unser Leben komplett veränderte und unser System erschütterte. Es fing alles damit an, dass die „Grüne Bewegung“ das Parlament stürzte und strenge Maßnahmen einführte. Mir geht es zwar gut, weil meine Eltern und ich in einer höheren Schicht leben. Doch ich höre jede Nacht, wie die Menschen auf der Straße demonstrieren und nach Gerechtigkeit verlangen.
Grülenia lauscht nach draußen.
Grülenia: Jedes Mal bricht es mir das Herz, ihnen nicht helfen zu können und zu wissen, dass ich nichts tun kann, ohne mir und meinen Eltern zu schaden. „Je grüner, desto besser“ – das ist der Spruch der Grünen Partei. Aber es interessiert niemanden, wie es den Menschen dabei geht. Ein Problem ist etwa das Schreiben, da die Nutzung von Papier streng reguliert ist. Sie möchten nicht, dass Bäume gefällt werden, und jeder, der dagegen verstößt, wird strengstens bestraft.
Sie hält das Papier, auf dem sie schreibt, gegen das Licht und seufzt laut.
Grülenia: Papier ist in unserer Gesellschaft sehr teuer, so dass sogar die soziale Oberschicht Schwierigkeiten hat, dieses zu bezahlen. Wir haben nur einen kleinen Geheimvorrat an Papier, den ich nutzen darf. Ich weiß nicht, wann ich dir das nächste Mal schreiben kann. Ich denke, dass sich die Gesellschaft zum Schlechten entwickelt und sich die Schichten immer weiter voneinander entfernen werden. Naja, vielleicht wird ja doch alles gut. Bis bald, deine Grülenia.
2. Akt: Auf der Straße
Die drei Freundinnen Grülia, Grüsel und Grü treffen sich auf der Straße. Grüsel sieht ganz niedergeschlagen aus.
Grülia: Hey, Grüsel. Wie geht’s? Du siehst so traurig aus.
Grüsel (traurig): Meine Mutter ist krank geworden. Und wir können die Behandlung nicht bezahlen.
Grü: Das tut mir leid. Wie viel braucht ihr denn?
Grüsel: Ach vergiss es, es ist viel zu viel. Aber danke!
Grülia (hat einen Geistesblitz): Moment, mir fällt da etwas ein. Ihr habt doch bestimmt gehört, dass die Regierung Tierversuche verboten hat. Stattdessen werden jetzt Menschen gesucht, die sich freiwillig melden. Dafür gibt es auch Geld! Vielleicht hilft uns das. So könnten wir die Behandlung bezahlen!
Grü: Aber ist das nicht ziemlich gefährlich? Ich habe gehört, dass bei einem solchen Versuch neulich zehn Leute gestorben sind.
Grülia: Wer weiß, was das für Freiwillige waren. Wir können es doch versuchen!
Grüsel (nachdenklich): Ist es das Risiko denn wert?
Grülia: Naja, so könntest du auf jeden Fall deine Mutter retten.
Grüsel (entschlossen): Du hast recht, ich mache das.
Grü: Wenn ihr da bei einer Studie mitmachen wollt, müsst ihr ganz genau schauen, was da für Stoffe erprobt werden sollen, sonst –
Grülia (unterbricht Grü): Ach, du machst dir da zu viele Sorgen. Das wird schon.
Grü: Na gut. Wenn ihr das macht, dann mache ich auch mit. Für deine Mutter, Grüsel. Seid ihr euch sicher?
Grülia und Grüsel (einstimmig): Ja. Wir machen das!
Grü: Also gut, dann sehen wir uns beim Labor.
Die drei Freundinnen gehen wieder auseinander, Grü mit Bedenken, Grüsel mit neuer Hoffnung.
3. Akt: Am festlich gedeckten Esstisch
Weihnachten. Die Familie sitzt bei Tisch und beendet gerade das Festessen.
Vater: Schatz, dein Essen war heute mal wieder wunderbar.
Mutter: Danke! (an das Kind) Hat’s dir denn geschmeckt?
Kind: Ja, es war sehr lecker. (an die Großeltern) Und wie hat es euch geschmeckt?
Opa: Naja, einen Braten hätte ich ja schon mal gerne wieder gegessen. Statt immer dieses Tofu.
Oma: Ah Mensch, sag sowas nicht.
Mutter: Wie sollen wir das denn bitte schaffen? Fleisch ist doch verboten!
Opa: Hart arbeiten! Wenn ihr so hart arbeiten würdet wie ich es getan habe… Ich war Parteivorsitzender! Dann hättet ihr es auch zu etwas geschafft. Ich meine, schaut euch nur mal euren und unseren Lebensstandard an. Wir beide, wir haben uns unseren Luxus wenigstens verdient.
Vater: Glaubt ihr, wir arbeiten nicht? Wir arbeiten genauso viel wie ihr. Ihr verdient doch nur viel mehr. Und jetzt haltet ihr uns vor, wir würden nicht arbeiten? Was soll das?
Oma: Man braucht halt die richtigen Voraussetzungen. (an Opa gewandt) Was sagst du dazu?
Opa: Ja, allerdings. Es kann ja sein, dass ihr arbeitet, aber anscheinend nicht hart genug.
Vater (aufgebracht): Papa! Wie redest du mit meiner Frau?
Opa (giftig): Wie redest du mit mir, Schwiegersohn?
Mutter (versucht zu beschwichtigen): Okay, wir denken mal daran, dass Weihnachten ist, und ähh… (an das Kind) Wie läuft es denn in der Schule?
Oma (wirft ein): Ihr könnt froh sein, dass wir überhaupt zu Besuch sind.
Mutter (empört): Mama! Ihr könnt froh sein, dass wir euch einladen! So, wie ihr euch benehmt. (versucht wieder das Thema zu wechseln, wendet sich an das Kind) Wie geht es denn bei dir in der Schule?
Opa: Genau, wie läuft es denn im Fach „Die Lehre des Grünen Lebens“?
Kind (druckst herum): Naja, das ist so ‘ne Sache.
Opa: „Die Lehre des Grünen Lebens“. Da wird dir gezeigt, was wichtig ist! Wenn du da gut abschneidest, steigst du die Karriereleiter ganz schnell ganz nach oben. Und dann – (Kunstpause) bist du genauso gut wie dein Großvater.
Vater: Wenn man das will…
Oma: Ob man das will? (zur Mutter) Hast du dir schon mal überlegt, was du dir da für einen Mann angelacht hast?
Mutter: Ja, und zwar ziemlich genau.
Oma: Dein Kind ist schlecht im wichtigsten Fach –
Mutter (unterbricht): Du redest nicht so über mein Kind, hast du das verstanden?
Oma: Oh doch, das werde ich. (zu Opa) Was sagst du denn dazu?
Opa: Ich sage dazu jetzt gar nichts mehr.
Vater: Also wirklich. Ihr seid solche Heuchler! Ihr tut mit eurer Partei die ganze Zeit so, als würdet ihr für die Umwelt kämpfen, und dann kommt ihr hier mit solchen Aussagen: (äfft Opa nach) „Ich hätte gerne mal wieder Braten.“ Ihr beleidigt unsere Arbeit. Und jetzt nörgelt ihr noch vor uns über unser Kind herum. Ihr seid wirklich nicht zum Aushalten!
Oma: Also wenn das so ist, dann gehen wir.
Opa: Jawohl!
Die Großeltern stehen auf und verlassen die Wohnung. Vater, Mutter und Kind bleiben bedrückt am Esstisch zurück.