Union der Humanen Sozialisten

Die Union der Humanen Sozialisten (UHS) feiert ihr 15-jähriges Jubiläum. Damals gewannen die Sozialisten die absolute Mehrheit. Die Vorgängerregierung erhöhte immer weiter zusätzliche Abgaben, die die Bürger zum Schutz der Umwelt zu entrichten hatten. Das sinkende Wohlstandsniveau mündete schließlich in eine ernsthafte Wirtschaftskrise.

Die UHS konnte den sogenannten „Big Crash“ durch eine umfassende Vermögensumverteilung überwinden. Sie gab bekannt, dass viele Großunternehmer von den damaligen Umweltabgaben verschont geblieben seien, man daher als Wiedergutmachung einen Teil des Vermögens jener Konzerne verstaatlichen müsse und Geld an die Bevölkerung „zurückzahlen“ wolle. Im Deutschland anno 2040 herrscht der sogenannte „neue Sozialismus“, wobei Wert auf Handarbeit gelegt wird, um der Entfremdung der Menschen von ihrer Arbeit vorzubeugen. Die Bürger verdienen je nach Tätigkeit – sollte diese verantwortungsvoller, beschwerlicher oder auch geistig anspruchsvoller sein – dann auch etwas mehr als andere. Tauschbörsen und „Kollektiv-Manufakturen“ werden steuerlich gefördert.

In China, den USA und anderen Staaten werden Roboter in allen Lebensbereichen eingesetzt und verdrängen zunehmend die Menschen von ihrem Arbeitsplatz. Die Güter, die die Menschen dort konsumieren, stellen sie selbst nicht her und sind so völlig abhängig von den Robotern. Der Durchschnittsbürger kann sich so gut wie alles leisten, doch ohne eine geregelte Arbeit langweilen sich viele. Durch ein grassierendes Gefühl der eigenen Überflüssigkeit wachsen die Häufigkeit psychischer Krankheiten und die Selbstmordrate dort dramatisch.

Das Wohlstandsniveau ist zwar nun deutlich niedriger als in anderen Teilen der Welt, da dort Roboter nur in wenigen Bereichen zum Einsatz kommen und das angeglichene Einkommen kaum Anreize bietet, sich übermäßig anzustrengen. Und trotzdem sind die Bürger zufrieden und stolz auf ihr im globalen Vergleich einzigartiges System, da im Gegensatz zu den „Robotergesellschaften“ ihre Zukunft in dieser gesichert ist. Sie sehen sich als menschlichen Gegenentwurf zu den entmenschlichten und entfremdeten Gesellschaften in anderen Ländern.



Eine Szene, die sich im Jahre 2040 zugetragen hat…

1. Akt: Am Flughafen

 Handelnde Personen:

  • Passagier  
  • Roboter  
  • Abfertigungsmanager  

Ein Roboter steht am Kofferfließband im Terminal A und hebt eine Tasche hoch, doch sie fällt ihm auf den Boden. Der Passagier flucht laut und beschwert sich über den Roboter. Der Roboter hebt die Tasche wieder auf und prüft das Gewicht der zweiten Tasche.

Roboter (in abgehackter Stimme): Tut mir leid, die Tasche ist zu schwer.

Passagier: Wieso?

Roboter im Alltag

Roboter: Sie ist zu schwer.

Passagier: Verdammt nochmal, können Sie keine Ausnahme machen?

Roboter: Nein.

Der Abfertigungsmanager sieht, dass es ein Problem gibt und kommt herbeigeeilt.

Abfertigungsmanager: Guten Tag, gibt es ein Problem?

Roboter: Dieses Gepäckstück ist zu schwer.

Abfertigungsmanager: Eigentlich hat der Roboter ja Recht, das verstößt gegen unsere Auflagen.

Passagier: Aber bei einer so kleinen Menge kann man ja mal eine Ausnahme machen. Das sind Geschenke für meine kleine Tochter.

Abfertigungsmanager: Wissen Sie was? Passen Sie auf, ich als Mensch werde mich darum kümmern, das geht schon in Ordnung.

Der Abfertigungsmanager nimmt das Gepäckstück und lässt es vom Band abtransportieren.


2. Akt: Im Fußballstadium

 Handelnde Personen:

  • Atze – Freund  
  • Horst – Freund  

Zwei Fans begrüßen sich herzlich und kommen ins Gespräch.

Atze: Hallo Horst!

Horst: Hi Atze!

Atze: Und wie geht es Dir und Deiner Familie?

Horst: Ja, meiner Familie geht es prächtig. Ich verstehe mich mit meiner Frau prima und meine Kinder sind auch gut in der Schule.

Atze: Läuft ja bei dir.

Horst: Und wie geht es dir in deinem Beruf?

Atze: Ja, auch gut, vor allem darf ich seit Neustem wieder mit Menschen zusammenarbeiten. Das ist wunderbar.

Horst (macht große Augen): Also keine Roboter mehr?

„meine Jungs…“

Atze: Nein. Jetzt nur noch mit Menschen. Auf meine Jungs kann ich mich immer verlassen. Die sind ja jetzt auch echt motiviert (grinst).

Horst: Naja, mit Robotern weiß man ja nie so genau. Die Roboter, die haben ja keine Gefühle, das ist immer das Gleiche. Aber jetzt genug zu mir. Wie läuft dein Studium?

Atze: Das Medizin-Studium läuft wunderbar. Alles super, ich muss nichts bezahlen und ich krieg auch kostenlos Bafög.

Horst: Aber wie fühlt es sich denn an, du bist ja bald fertig und verdienst bald so viel wie ich. Früher haben Ärzte viel mehr verdient.

Atze: Ja, ich habe aber schon echt Lust auf meinen Beruf. Ich habe ein Praktikum gemacht, ist voll cool. Außerdem werde ich ja dann abgesichert sein und muss auch nicht mit Robotern arbeiten. So brauche ich keine Angst haben, ersetzt zu werden, so wie meine Freunde in China oder in den USA. Dass mein Vater als Chirurg reich geworden ist und ich nur durchschnittlichen Wohlstand erreichen kann, ist mir da ziemlich egal.

Horst: Alles klar, find ich gut von dir. Komm, lass uns jetzt erstmal das Spiel genießen. (dreht sich zum Fußballfeld) Was meinst du, wer wird gewinnen?

Atze: Ich denke Deutschland, oder?

Horst: Ja, bin ich auch der Meinung.

Die beiden reden weiter über Fußball und warten gespannt auf den Anpfiff.


3. Akt: Eine Sitzung des Ministerrats für Inneres in Brüssel

 Handelnde Personen:

  • Ratsvorsitzender  
  • spanischer Minister  
  • französische Ministerin  
  • belgischer Minister  

Am Tagungstisch sitzen die Innenminister und beraten über eine neue Agrarreform.

Ratsvorsitzender: Liebe Ministerinnen, liebe Minister. Wir treffen uns heute hier in Brüssel, um die Problemfrage zu diskutieren, ob Roboter ab sofort in der Agrarwirtschaft genutzt werden sollen. (übergibt das Wort an den spanischen Kollegen) Beginnen Sie vielleicht!

Spanischer Minister: Hola, que tal? Bueno, …

Französische Ministerin: Herr Kollege, Sie haben vergessen, Ihren Übersetzer anzuschalten.

Spanischer Minister (schaltet es ein): Entschuldigung, ich bin mit diesen Geräten noch nicht ganz vertraut.

Französische Ministerin (zu den anderen Kollegen): Bitte haben Sie etwas Nachsicht, unser spanischer Kollege ist das erste Mal hier. (wendet sich an den Spanier) Übrigens, herzlichen Glückwunsch zu den erfolgreichen Wahlen und zum neuen Amt (der Spanier nickt dankend).

Ratsvorsitzender: Nun gut, um jetzt zur Problemfrage zurückzukehren (wendet sich dem belgischen Minister zu) …

Belgischer Minister: Ich bin strikt dagegen, Roboter einzusetzen, da sie a) unseren treuen Genossen die Arbeitsplätze wegnehmen und b) dabei einfach zu viele Herstellungskosten anfallen.

Französische Ministerin: Ich wäre dafür, Roboter in bestimmten Bereichen gezielt einzusetzen. Schauen Sie auf unsere Nachbarländer, die sind deutlich weiter entwickelt als wir.

Belgischer Minister: Aber werfen Sie doch bitte mal einen Blick in unsere Verfassung, die den Einsatz von Robotern ablehnt, da wir nicht abhängig von ihnen werden wollen, wie die von Ihnen gelobten Nachbarländer.

Ratsvorsitzender: Nun, ich danke Ihnen für Ihre Beiträge. Wir werden diese Problemfrage nun in einer Abstimmung klären. Wer dafür ist, Roboter in der Agrarwirtschaft einzusetzen – der hebe nun die Hand.

Nur die französische Ministerin hebt die Hand.

Ratsvorsitzender: Und wer ist dagegen?

Es melden sich alle anderen Minister, darunter auch der spanische und belgische.

Ratsvorsitzender: Damit haben wir eine Mehrheit. Wir legen fest: Roboter werden nicht in der Agrarwirtschaft eingesetzt.

Die französische Ministerin schüttelt nur den Kopf, murmelt etwas in ihrer Sprache und geht zu ihrem spanischen Kollegen, um ihm auch zu gratulieren. Offenbar hatte sie eh nicht mit einer anderen Entscheidung gerechnet.